Gerd Dethlefs: Das Marsberger Münzwesen im Mittelalter

Gerd Dethlefs: Das Marsberger Münzwesen im Mittelalter. Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte einer südwestfälischen Stadt um 900-1300 […], in: Geldgeschichtliche Nachrichten 36 (2001) 201, S. 47f.

Rezension

Die vorliegende Untersuchung über das mittelalterliche Marsberger Münzwesen wurde bereits 1984 von Gerd Dethlefs – heute am Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster zuständig für die Landesgeschichte – an der Westfälischen Wilhelms-Universität als Magisterarbeit vorgelegt. Nun ist sie in überarbeiteter Form im Druck erschienen und damit endlich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.

Die überaus materialreiche Arbeit behandelt den Zeitraum von der Verleihung des Münzrechts 900 n.Chr. bis zur Einstellung der Prägung in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie ist aber kein einfacher Typenkatalog, sondern verbindet auf eine sehr interessant zu lesende Weise allgemeine (Sozial- und Wirtschafts-)Geschichte mit der Numismatik – sicher ganz im Sinn der beiden im Vorwort (S. 5f.) genannten akademischen Lehrer Peter Johanek und Peter Berghaus.

So führt schon eine längere Einleitung, in der der geographische und historische Hintergrund beschrieben wird, den Leser zunächst u.a. ein in die Lage Marsbergs an wichtigen Fernstraßen, nennt die Erzvorkommen in der Umgebung und befaßt sich mit der königlichen und bischöflichen Herrschaft sowie der allmählichen Herausbildung einer Stadtgemeinde (S. 7-18). Hier tritt ein geschäftstüchtiger Corveyer Abt in das Licht der Geschichte, der wohl um 1000 ein Privileg mit Dortmunder Recht für Marsberg fälschen ließ. Ziel war, dem Ort unter der eigenen Herrschaft Kaufleute zuzulocken.

Im zweiten Kapitel wird die Münzrechtsverleihung Ludwigs des Kindes an Corvey für Horhusen (Marsberg) von 900 in ihrem historischen Kontext vorgestellt (S. 19-25). Die nur in einer Abschrift erhaltene Urkunde ist abgebildet, der lateinische Text transkribiert und übersetzt. Da Marsberg für diese Zeit noch keine Münzen zuzuweisen sind (aber unter anonymen Prägungen vermutet werden), lassen sich nur die Beweggründe für die Verleihung und die Entwicklung des Markt- und Münzrechtes analysieren.

Die ab dem 11. Jahrhundert einsetzende Prägung der nachweislich aus Marsberg stammenden Heresburg-Denare ermöglicht dem Verfasser im dritten Kapitel (S. 26-58) aber bereits den Einsatz der gesamten Bandbreite numismatischer Methodik. Er kann 35 Exemplare (Tabelle 1, S. 31-34) aus 17 Funden (Tabelle 2 und Karte 1, S. 36-38) nachweisen und davon 30 Stücke stempelkritisch untersuchen, die alle abgebildet sind (Nrn. 1-30, S. 47-53). So können u.a. die vermutliche Gesamtstempelzahl und anhand der Funde des Ostseeraumes der Ausfuhrquotient ermittelt werden. Aber auch die Prägezeit ist mittels sorgfältiger Funduntersuchungen und Bildvergleichs näher eingrenzbar. Zwei Exemplare werden als Nachprägungen herausgestellt (Nr. 36f., S. 57).

Für die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts sind mangels Funden generell wenige Münzen überliefert. Im vierten Kapitel (S. 59-71) kann Dethlefs dennoch, ausgehend von dem Fund von Fulda, einige Nachmünzen mit Kölner Monogramm für Marsberg (Horhusen) vorschlagen (Nrn. 38-42, S. 60f.). Die schriftlichen Quellen füllen hier die numismatische Lücke, denn sie berichten einerseits von einer eigenen Münzprägung, andererseits von der Lage Marsbergs an der Grenze zwischen leichter und schwerer Münze.

Die Stadtgeschichte des 13. Jahrhunderts (fünftes Kapitel, S. 72-99) ist geprägt von den konkurrierenden Interessen des Erzbischofs von Köln und des Abtes von Corvey. In dem Konflikt spielen die Marsberger Münzmeister als Angehörige der städtischen Führungsschicht eine besondere Rolle. Dies nimmt der Verfasser zum Anlaß, in einem Exkurs zum ersten Mal überhaupt die Bedeutung des Beinamen „monetarius“ zu untersuchen, der entweder Eigenname oder Berufsbezeichnung sein kann. Auf der Grundlage dieser Feststellung wird dann die soziale Entwicklung der Marsberger Monetare beschrieben, deren Stammbaum sogar rekonstruiert ist. Außerdem beinhaltet das Kapitel eine Neudeutung des vermeintlichen A auf den Münzen, das Dethlefs als doppeltes M identifiziert und somit Montis-Martis(=Marsberg-)Monogramm ist. Dadurch verlieren allerdings einige Münzen mit echtem A ihre Zuweisung an Marsberg (Abb. 11-15, S. 77). In diesem geschichtlichen Zusammenhang ist nun wieder die Münzprägung zu sehen, die für das 13./14. Jahrhundert ebenfalls nahezu komplett abgebildet ist (Nrn. 43 bis 106, S. 87-89).

Abgeschlossen wird das auch äußerlich (Einband, Kunstdruckpapier, Fadenheftung) sehr erfreuliche Buch durch eine Zusammenfassung und diverse Verzeichnisse. Es bleiben keine Wünsche offen! Ein Muß für alle, die an westfälischer oder mittelalterlicher (Münz-)Geschichte interessiert sind. Der Stadt Marsberg kann man zu einem solchen Band nur gratulieren.

Hendrik Mäkeler