Wirtschaftsgeschichte und Kliometrie

Zu Rainer Hank: Clio rettet uns

Prima, daß hier auf die Bedeutung von Wirtschaftsgeschichte (wozu auch Finanz- und Geldgeschichte zu zählen sind) aufmerksam gemacht wird! In der Tat profitiert dieser Wissenschaftsbereich von der derzeitigen Abfolge von Krisen, indem ihm vermehrte Aufmerksamkeit zuteil wird. Freilich bedeutet das nicht notwendigerweise, daß man aus der Geschichte etwas lernen wollen würde. Der konsequente nächste Schritt, nämlich das Gelernte in Politik umzusetzen, ist leider noch seltener zu beobachten. Andreas Wirsching, der Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, hat dieses Dilemma elegant dergestalt in Worte gefaßt, daß „das, was wir mittlerweile historisches Erfahrungswissen nennen können, […] relativ wenig abgerufen“ wird.

Was den Inhalt des Beitrags anbetrifft: Der Einwand von Herrn Braunberger gegen die Relevanz ausgerechnet der Habsburger für die Umschuldungsfrage scheint aus den von ihm genannten Gründen sehr berechtigt. Ein unlängst erfolgreich beendetes Projekt der Göttinger Akademie der Wissenschaften hat ein auch in dieser Hinsicht außerordentlich lehrreiches mehrbändiges Handbuch der zahllosen Dynastien, Residenzen, Höfe, Grafen und Herren des deutschen Raumes erstellt. Darin finden sich diverse Belege dafür, daß Überschuldung und Bankrott immer wieder zum Verschwinden der davon betroffenen Gebiete von der Landkarte führten. Das war eher die Regel als die Ausnahme, wie die frei herausgegriffenen Beispiele der Grafen von Helfenstein und der Pfalzgrafen von Tübingen deutlich machen.

Die Kliometrie scheint in Deutschland nach einem (nicht zuletzt durch den erstmaligen Einsatz von Computern hervorgerufenen) Boom in den 1980er und 1990er Jahren inzwischen stark an Bedeutung verloren zu haben, während sie im angelsächsischen Raum weiterhin teilweise seltsame Blüten treibt. Natürlich gilt es, in der Geschichtswissenschaft nicht nur zu qualifizieren sondern auch zu quantifizieren. Doch lediglich in sehr seltenen Fällen steht eine hinreichend umfangreiche und homogene Datenmenge aus historischer Zeit zur Verfügung, um daraus ein statistisch belastbares Ergebnis gewinnen zu können. Münzfunde sind da eine der wenigen Ausnahmen. Darüber ließe sich allerdings in der Tat ein eigener Beitrag schreiben…