Alexander Jung u.a. (Hrsg.): Geld macht Geschichte. Kriege, Krisen und die Herrschaft des Kapitals seit dem Mittelalter

Alexander Jung, Dietmar Pieper und Rainer Traub (Hrsg.): Geld macht Geschichte. Kriege, Krisen und die Herrschaft des Kapitals seit dem Mittelalter […], dans: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 98 (2011) 2, p. 258.

Critique

Mit dem vorliegenden Buch feiert die Spiegel Geschichte-Ausgabe 4/2009 („Geld! Von den Fuggern zur Finanzkrise: Eine Chronologie des Kapitals“) eine Wiederauferstehung in Buchgestalt. Den Ursprungstext hat man dabei weitgehend unverändert übernommen; lediglich ein kurzes Vorwort ist hinzugefügt worden. Darin finden sich bereits viele problematische Bewertungen, etwa diejenige, Griechenland stehe „infolge der Finanzkrise […] am Rande des Staatsbankrotts“ (S. 11). Mithin wird die zugrundeliegende langjährige Mißwirtschaft verschwiegen und auf diese Weise eine Kapital(ismus)kritik geübt, die bereits im Titel des Buches angedeutet ist und sich zwischen den Buchdeckeln stellenweise fortsetzt. Dagegen findet man im Vorwort keinen Hinweis auf den Entstehungszusammenhang der in dem Band enthaltenen Beiträge. Dies wäre allerdings notwendig gewesen, um rechtzeitig die Erwartungen der Leser zu dämpfen, die in einem Buch üblicherweise hochwertigere Beiträge als in einem Magazin vermuten dürften. Ein Lektorat der Texte hat bei der Umarbeitung in Buchform augenscheinlich nicht stattgefunden, wodurch zumindest einige augenfällige Fehler hätten ausgemerzt werden können. So ist in dem einleitenden Interview mit Niall Ferguson, dem Autor einer englischen Dokumentation zur Geschichte des Geldes, die 2009 mit einem Emmy ausgezeichnet wurde, der englische Begriff für Tauschhandel nach wie vor falsch mit „Barterhandel“ übersetzt (S. 19). Zudem hätte bei einer redaktionellen Überarbeitung auffallen können, daß die Beiträge von Werner Plumpe zu „Lehren aus dem Gründerkrach“ und von Alexander Jung, der „Das Fanal von 1929“ behandelt, einander direkt widersprechen. Während Plumpe in seinem lesenswerten Text betont, daß der Vergleich der heutigen Finanzkrise mit dem Crash von 1929 und der folgenden wirtschaftlichen Talfahrt unsinnig sei, ja geradezu den Blick auf frühere und erkenntnisförderlichere Phänomene verstelle, meint Jung „augenfällige“ Parallelen zwischen Großer Depression und Gegenwart zu erkennen. Überhaupt ist das Niveau der Beiträge ebenso weit gestreut wie deren inhaltliche Schwerpunkte, die vom Mittelalter bis in die Gegenwart reichen. Rainer Traub etwa vertritt in seinem Artikel zur kommerziellen Revolution des Mittelalters die Pirenne-These noch so, als sei sie nie widerlegt worden (was wohl endgültig durch Michael McCormicks 2001 veröffentlichte „Origins of the European Economy“ geschah). Nils Klawitter geht hingegen in seinem erfreulichen, offenbar auf einem Interview mit Winfried Reichert basierenden Beitrag dem christlichen Zinsverbot und dessen Folgen im Mittelalter nach. Insgesamt erhält man mit dem Band eine Ansammlung zumeist recht leichter Lesekost, die häufig in spiegeltypischer Weise aus knappen, polemischen Darstellungen besteht. Das Buch ist dadurch eine kurzweilige Lektüre, die allerdings fast durchgängig ziemlich oberflächlich ist und keinen bleibenden Eindruck hinterläßt. Wenn man das Werk lesen möchte, sollte man angesichts der zahlreicheren und farbigen Abbildungen aber lieber auf das (zudem noch billigere) Spiegel Geschichte-Heft zurückgreifen.

Hendrik Mäkeler, Uppsala